Śrīḥ
Śrīmathē śatakōpāya namaḥ
Śrīmathē rāmānujāya namaḥ
Śrīmath varavaramunayē namaḥ
Śrī vānāchala mahāmunayē namaḥ
Die Bhagavad Gītā ist ohne Zweifel einer der wichtigsten Texte im Hinduismus. Aus folgendem Grund:
Hindus betrachten die Lehren der Bhagavad-Gita traditionell als Quintessenz der Veden. Beim Studium ergeben sich oft scheinbare Widersprüche: Während einige Stellen anscheinend einen Dualismus lehren – die Zweiheit von Natur und Geist, von Gott und Mensch –, lehren andere die Einheit. Durch diese unterschiedlichen Auslegungsmöglichkeiten ist das Gedicht Mittelpunkt für die verschiedensten Glaubensrichtungen.
Wikipeda Artikel zur Bhagavad Gītā Stand Dezember 2019
Die Bhagavad Gītā, oft kurz Gītā genannt, hat die Form eines Gesprächs zwischen Gott, verkörpert als Kṛṣṇa, und seinem Freund Arjuna. Dieses Gespräch ist in Versform und kann gesungen werden. Gītā bedeutet auch Gesang, Bhagavān ist ein Name Gottes – Bhagavad Gītā heißt also Gesang Gottes.
Hier kann man sich eine Rezitation des 12. Kapitels der Bhagavad Gītā anhören:
Das Gespräch zwischen Kṛṣṇa und Arjuna findet kurz vor dem Beginn einer gewaltigen Schlacht statt, an deren Kommen Arjuna verzweifelt. Er hat einen Zusammenbruch und bittet seinen Freund Kṛṣṇa um Rat und Hilfe. Kṛṣṇa erläutert ihm seine wahre Natur und verschiedene Systeme (Yogas), um seine Agonie zu durchbrechen, seine wahre Natur zu realisieren und zu einem höheren Bewusstseinzustand zu kommen. Am Ende kämpft Arjuna und ist letzlich auch siegreich.
Auch wenn die Bhagavad Gītā mit ca 700 Versen für indische Verhältnisse relativ kurz ist, kann man doch angesichts der viele besprochenen Themen leicht die Übersicht verlieren. Yāmunāchārya, einer der wichtigsten frühen Āchāryas (Lehrer) unserer Linie, hat vielleicht aus diesem Grund einen Text namens Gītārtha Saṅgrahaḥ, (Zusammenfassung des Sinns der Gītā) verfasst. In unserem Artikel zur ebenfalls von Yāmunāchārya verfassten Chatuḥ Ślōkī finden sich noch einige weitere Information zu ihm. Wer gut Englisch kann, kann auch die Info-Seite zu Yāmunāchārya bei koyil.org besuchen.

Diese Übersetzung basiert auf einer Erläuterung der Wörter durch Puthūr Krishṇamāchārya (tamilisch), deren englische Übersetzung bei koyil.org verfügbar ist.
Würdigungsvers (Thaniyan)
Gedichtet von Rāmānuja, dieser Vers führt die meisten Werke von Rāmānuja an.
yat padāmbhōruhadhyāna vidhvasthāśēṣa kalmaṣaḥ
vastutāmupayā thō’haṃ yāmunēyaṃ namāmi tam
Ich verehre Yāmunāchārya, durch dessen Lotusfüße all meine Defekte entfernt wurden und ich meine wahre Natur als Sat, als ewiges Āthmā, erkannte.
Vers 1 – Zweck des Textes
svadharma jñāna vairāgya sādhya bhakthyeka gocharaḥ |
nārāyaṇa paraṃ brahma gītā śāstre samīritaḥ ||
Er, der nur durch die Pfade des Wissen (Jñāna Yoga), Losgelöstheit von weltlichen Dingen (Vairāgya, Karma Yoga), die zu Bhakti führen und uns (bei der Ausprägung unserer wahren Natur) nutzen und helfen, erkannt wird,
Nārāyaṇa, das höchste Brahma, lehrte dies (die Pfade) in einer Schrift, die Gītā genannt wird.
Verse 2 – 4, die drei Abschnitte der Gītā
Vers 2
jñānakarmāthmike niṣṭe yogalakṣye susaṃskrte |
āthmānubhūti siddhyarthe pūrva ṣaṭkena chodite ||
Jñāna Yoga (der Weg des Wissens) und Karma Yoga (der Weg der losgelösten Handlung gemäß den Vorgaben der Schriften) führen wohldekoriert (mit dem richtigen Selbstverständnis des Praktizierenden) zu Yoga (im spirituellen Sinn der Vereinigung mit höheren Ebenen des Seins),
und zur glückseligen Erfahrung des Āthmās (des Selbst). Dies wird in der ersten Hexade (sechs Kapiteln) vorgestellt.
Vers 3
madyame bhagavattattva yāthāthmyāvāpti siddaye |
jñānakarmābhi nirvartyo bhaktiyogaḥ prakīrtitaḥ ||
In der Mitte (der mittleren Hexade) wird Bhakti Yoga (der Pfad der Hingabe), das sich aus Karma Yoga und Jñāna Yoga entwickelt und das die Erfahrung des Höchsten ermöglicht, erklärt.
Vers 4
pradhāna puruṣa vyakta sarveśvara vivechanam |
karma dhīr bhaktirityādiḥ pūrvaśeṣo’ntimoditaḥ ||
Erklärungen zum bewussten Einheiten (Āthmās), archetypischer Materie (mūla prakṛti, hier umschreiben als „das Manifeste“, vyakta) und sarveśvara, dem höchsten Herrn,
Karma Yoga, Weisheit (Jñāna Yoga), Bhakti Yoga und Prozesse / Details, die in den vorigen Kapiteln nicht erklärt wurden, befinden sich in der letzten Hexade.

Verse 5 – 22, der Inhalt der 18 Kapitel
Vers 5 – Kapitel 1 und Anfang Kapitel 2
asthāna sneha kāruṇya dharmādharmadhiyākulam |
pārthaṃ prapannamuddiśya śāstrāvataraṇaṃ kṛtam ||
Er (Arjuna) war durch Anhaftung, durch Mitleid mit schlechten Verwandten und durch gestörte Intelligenz, durch die er einen dharmischen Krieg nicht von einen a-dharmischen unterscheiden konnte, zerrissen, aber er ergab sich (Kṛṣṇa).
Hierdurch wurde die Schrift (Śastra) begonnen.
Vers 6 – Kapitel 2, 2. Teil
nithyāthmasaṅgakarmehāgocharā sāṅkyayogadhīḥ |
dvitīye sthithadhīlakṣā prktā tan mohaśāntaye ||
Das ewige Āthmā, (angemessene) Handlungen ohne Anhaftungen, als Ziel stetiges Urteilsvermögen und Weisheit, Sānkhya-Yoga, (das Yoga des Unterscheidungsvermögens – bestehend aus dem Wissen über das Selbst und über Karma Yoga) um die Verwirrung (von Arjuna) zu beenden, dies wird im zweiten Teil des zweiten Kapitels unterrichtet.
Vers 7 – Kapitel 3
asaktyā lokarakṣāyai guṇeṣvāropya kartṛtām |
sarveśvare vānyasyoktā tṛtīye karmakāryatā ||
Ohne ein Ziel (außer der Befreiung aus Tod und Wiedergeburt, Mokṣa), zum Schutz der Menschen (denen die Qualifikation für die Ausübung von Jñāna Yoga fehlt),
meditierend über die Guṇas, der Position des Selbst-Tätig-Seins,
der Aufgabe des Selbst-Tätig-Seins unter dem höchsten Herrn, so sollte man seine Pflichten erfüllen. (Das Vorgenannte ist Karma Yoga) Dies lehrt das dritte Kapitel.
Vers 8 – Kapitel 4
prasaṅgāt svasvabhāvoktiḥ: karmaṇo’karmatāsya cha |
bhedā:, jñānasya māhātmyaṃ chaturthādhyāya uchyate ||
In diesem Kontext werden am Anfang (des Kapitels) seine (Kṛṣṇas) Qualitäten erläutert. Karma Yoga wird als Jñāna Yoga etabliert und die Natur und Unterteilungen (von Karma Yoga) erläutert. Auch der Ruhm wahren Wissens wird im vierten Kapitel erläuert.
Vers 9 – Kapitel 5
karmayogasya saukaryam śaigryam kāśchana tadvidhāḥ |
brahmajñāna prakāraścha pañchamādhyāya uchyate ||
Die Durchführbarkeit von Karma Yoga, Aspekte zur Erreichung des Ziels (der Befreiung aus dem Kreislauf aus Tod und Wiedergeburt), diese Zusätze zu Karma Yoga und den Zustand des Brahma Jñāna (Zustand, in dem alle reinen Āthmās als geich angesehen werden, unabhängig in welchen Körpern sie sich befinden) werden im 5. Kapitel besprochen.
Vers 10 – Kapitel 6
yogābhyāsavidhir yogī chaturdhā yogasādhanam |
yogasiddisvayogasya pāramyaṃ ṣaṣtha uchyate ||
Die Methoden der Yoga Praxis, die vier Arten von Yogis, Yoga Sādhana (die Übungen, die Geisteshaltung usw, die zum Yoga führen), Yoga Siddhi (die Resultate des Yoga) und die Vorzüge von Bhakti Yoga mit Kṛṣṇa als Ziel (svayogasya pāramyaṃ – das eigene / natürliche höchste Yoga, in die Situation in der die Bhagavad Gītā gesprochen wurde und angesichts des letzten Verses des 6. Kapitels, ist das plausiblerweise das Yoga der Hingabe an Kṛṣṇa) wird im 6. Kapitel besprochen.

Vers 11 – Kapitel 7
svayātātmyam prakṛtyāsya thirodhiśśaraṇāgatiḥ |
bhakta bhedaḥ prabuddasya śraiṣtyaṃ saptama uchyate ||
Die Natur des höchsten Person (Bhagavān), verhüllt durch Prakṛti (archetypische Materie, diese verhüllt die Allgegenwart Bhagavāns), Śaraṇāgati (Kapitulation vor Gott, diese durchbricht die Verhüllung Gottes), die unterschiedlichen Arten der Gottessucher und die Größe des Jñānis werden im siebten Kapitel besprochen.
Vers 12 – Kapitel 8
aiśvaryākṣarayāthātmya bhagavaccharaṇārarthinām |
vedyopādeyabhāvānām ashtame bheda uchyate ||
(drei Arten der Gottsucher:) Der, der Reichtum sucht, der, der die Erfahrung des Āthmās sucht und der Jñāni, der die Lotusfüße des Herrn sucht, die Prinzipien, die verstanden und praktiziert werden müssen, diese Dinge werden im 8. Kapitel besprochen.
Vers 13 – Kapitel 9
svamāhātmyam manuṣyatve paratvaṃ cha mahātmānām |
viśeṣo navame yogo bhaktirūpaḥ prakīrtitaḥ ||
Seine eigene Größe, seine Erhabenheit selbst in menschlicher Form, die verschiedenen Arten von Mahāthmās (großen Gottgeweihten) und der Weg des Bhakti Yogas werden im neunten Kapitel erklärt.
Vers 14 – Kapitel 10
svakalyāṇa guṇānantya kṛtsna svādhīnatā matiḥ |
bhaktyutpatti vivruddhyarthā vistīrṇā daśamoditā ||
Die Unbegrenztheit seiner glorreichen Qualitäten und das Wissen über Ihn als Kontrollierender hinter allem, diese, die die Hingabe an ihn schaffen und nähren, werden im 10. Kapitel detailliert erklärt.
Vers 15 – Kapitel 11
ekādaśe sva yāthātmya sākṣātkārāvalokanam |
dattamuktaṃ vidiprāptyoḥ bhaktyekopāyatā tathā ||
Im elften Kapitel wird beschrieben wie (Arjuna) göttliche Augen gegeben werden, um ihn (Kṛṣṇa) zu sehen, wie er ist. Auf diese Art erkannte er ihn, begriff ihn. Es wir auch gesagt, dass Bhakti das einzige (geeignete) Mittel ist (um Kṛṣṇa zu erreichen).
Vers 16 – Kapitel 12
bhakteśśraiṣthyam upāyoktiḥ aśaktasyātmaniṣṭatā |
tatprakārāstvatiprītḥ bhakte dvādaśa uchyate ||
Die Erhabenheit des Bhakti Yoga, die Mittel, Hingabe an Bhagavān zu entwickeln, die Erkenntnis des Selbst (unseres Āthmās und seiner wahren Natur als abhängig von Bhagavān) für die, die nicht zu Bhakti fähig sind und die verschiedenen Qualitäten, die für Karma Yoga usw nötig sind, sowie die große Zuneigung, die Bhagavān zu seinen Geweihten empfindet, werden im 12. Kapitel erklärt.

Vers 17 – Kapitel 13
dehasvarūpaṃ āthmāptihetuḥ āthmaviśodhanam |
bandhaheturvivekaścha trayodaśa udīryate ||
Die Natur des Körpers, die Mittel zur Vereinigung mit dem Āthmā (Kaivalya, Ziel der Hatha Yoga und Kundalini Yoga Pfande), die Erforschung und Erkenntnis des Āthmās, die Gründe der Gefangenschaft (in der materiellen Welt) und die Methode zur Unterscheidung (zwischen Āthmā / Chit und Achit, unbelebter Materie) werden im dreizehnten Kapitel besprochen.
Vers 18 – Kapitel 14
guṇabandhavidhā teṣām kartṛtvaṃ tannivartanam |
gati thrayasva mūlatvaṃ chathurdaśa udīryate ||
Die drei Guṇas und ihre Verbindungen mit dem materiellen Universum, ihre Wirkung als Grund von Handlungen, wie sie zu überwinden sind und er, die Wurzel der drei Ergebnisse (weltlicher Wohlstand, Verwirklichung des Āthmās und der Dienst an Bhagavān)* werden im vierzehnten Kapitel besprochen.
* Die Übersetzung von gati thrayasva als „drei Ergebnisse“ ist nicht sehr intuitiv. Zum Einen bedeutet gati gemäß Wörterbuch eher Bewegung oder Zuflucht (als Quell und Ende der Bewegung). Zum Anderen finden wir keinerlei Verweise auf diese drei Ergebnisse im 14. Kapitel der Gītā. Das liegt daran, dass Yāmuna hier auf eine vertrauliche Interpretation des gesamten 14. Kapitels (und der vorang gegangenen Kapitel) anspielt.
Wir finden in Vers 14:27 der Bhahgavad Gītā:
brahmaṇo hi pratiṣṭhāham amṛtasyāvyayasya ca |
śāśvatasya ca dharmasya sukhasyaikāntikasya ca ||
Ich bin in der Tat die Basis von Brahman (der All-heit, hier wohl in erster Line die All-heit der Āthmās), des Ewigen, des Unendlichen, des ewigen Dharmas, und der absoluten Wonne.
Rāmānuja kommentiert zu diesem Vers, dass die Essenz der Gītā von Mitte des 12. Kapitels bis zum 14 Kapitel die Überwindung der Eigenschaften der materiellen Natur ist, die in den oben genannten drei Arten von Ergebnissen mündet. Dieser Gedanke von Rāmānuja steht hinter der nicht ganz intutiven Übersetzung bei koyil.org.
Im Kommentar von Puthūr Krishṇamāchārya, der ebenfalls bei koyil.org zur Verfügung steht, werden in der Erläuterung von Rāmānujas Kommentar zu 14:27 die drei klassischen Zufluchten aus dem Kreislauf aus Tod und Wiedergeburt genannt: Karma Yoga, Jñāna Yoga und Bhakti Yoga (vor 1000 Jahren wurde Aṣṭāṅga yoga, also Āsanas usw, noch nicht als separater Pfad, sondern als Fundament der anderen Pfade gesehen). Es scheint also, als ob das intutive Verständnis von gati thrayasva als drei Zufluchen somit ebenfalls sinnvoll ist.
Vers 19 – Kapitel 15
acin miśrāt viśuddhācca cetanāt puruṣottamaḥ |
vyāpanāt bharaṇāt swāmyāt anyaḥ pañcadaśoditaḥ ||
Höher als die (im Kreislauf aus Tod und Wiedergeburt / an materiellen Dingen) verhafteten Āthmās und höher als die reinen (befreiten) Āthmās, sie durchströmend, sie tragend, er ist ihr Herr ist, er ist von ihnen verschieden, Puruṣottamaḥ (das höchste Wesen) – über ihn spricht das 15. Kapitel.
Vers 20 – Kapitel 16
devāsura vibhāgktipūrvikā śāstravaśyatā |
tattvānuṣthāna vijñānasthemne ṣhoḍaśa uchyate ||
Die Einteilung (der Menschen) in deva (heilig) und asura (grausam) und die Führung durch die Schriften bei der Bestimmung der Wahrheit (was unser Ziel ist) und im Prozess (mit dem man das Ziel erreicht), dies wird im 16. Kapitel besprochen.
Vers 21 – Kapitel 17
aśāstram āsuraṃ kṛtsnaṃ śāstrīyaṃ guṇataḥ prutak |
lakṣaṇaṃ śāstra siddasya tridhā saptadaśoditam ||
Die Handlungen, die die Schrift nicht empfiehlt, sie sind für die Asuras (die Grausamen). Die Handlungen, die die Schrift empfiehlt, durch die Guṇas gibt es sie in drei verschiedenen Qualitäten. Die drei Wortzeichen (Oṃ tat sat) bezeichnen solche Handlungen. Dies wird im 17. Kapitel besprochen.
Vers 22 – Kapitel 18
īśvar kartṛtā buddhiḥ sattvopādyatāntime |
sva karma pariṇāmaścha śāstrasārārta uchyate ||
Dass alle Dinge (letztlich) von Bhagavān selbst getan (werden), dass alle Dinge in Sattva, der Qualität der Balance und Reinheit, getan werden sollten, dass das Ende des Karmas (die Befreiung aus dem Kreislauf aus Tod und Wiedergeburt) hieraus erwächst und dass Bhakti und Prapatti (die Kapitulation vor Gott) die Essenz der Schrift sind, dies wird im 18. Kapitel gelehrt.

Verse 23-28: Defintion der drei Yogas
Vers 23
karmayogastapastīrthadāna yajñādisevanam |
jñānayogo jitasvāntaiḥ pariśuddātmani stitiḥ ||
Karma Yoga ist die permanten Ausübung von Askese*, Pilgerreisen, Wohltätigkeit und Opfern. Jñāna Yoga wird von denen getan, die das eigene Gemüt besiegt haben, die in ihrem Selbst ruhen und sich nicht für materielle Dinge interessieren.
* Das Wort Tapasya ist etwas schwierig zu übersetzen, weil es ein Konzept ist, dass es in unserem Kulturraum so nicht gibt. Früher wurde es oft mit Buße übersetzt, aber das Konzept Buße impliziert, dass man für etwas büßt – so etwas fehlt bei Tapasya, mangels einer Schuld- und Sünde-Theologie. Man unterwirft sich bei Tapasyas freiwillig bestimmten Auflagen / Regeln, um die Festigkeit des Geistes zu schulen oder gutes Karma aufzubauen / die Gunst bestimmter Devas zu gewinnen.
Vers 24
bhakthiyogaḥ paraikāntaprītyā dhyānādiṣu stitiḥ |
thrayāṇāmapi yogānāṃ tribhiranyonya saṅgamaḥ ||
Bhakti Yoga ist die Hingabe zum Höchsten, stets ruht der Geist auf ihm (man meditiert über ihn, man verehrt in mit Puja und Ritualen usw). Bei der Ausführung jedes der drei Yogas sind die anderen beiden mit enthalten.
Vers 25
nitya naimittikānām parārādhana rūpiṇām |
ātmadṛṣtes trayo’pyete yogadhvāreṇa sādhakāḥ ||
Nitya Karma und Naimittika Karma**, die im Rahmen der drei Yogas als Verehrung des höchsten Wesens praktiziert werden (anstatt als reine Pflichterfüllung aus Angst vor schlechtem Karma), sind Mittel zur Erkenntnis des Selbst und zur Eintritt in den Yoga- Zustand (Samādhi).
** Das sind Riten die „Zweimal Geborene“, also Menschen, die in die Rezitation der Veden eingeweiht worden sind, ausführen müssen. Permanent (täglich, monatlich, jährlich) im Falle von Nitya Karma und zu bestimmten Anlässen wie Geburt, erste feste Nahrung usw im Falle von Naimittika Karma.
Wenn der Übersetzer Westlern erzählt, dass er aus Respekt vor den Varna Regeln (landläufig und grob: Kasten Regeln) keinerlei Verse aus den Veden rezitiert, (denn er ist nicht Zweimal-Geboren) führt dies oft zu großer Verwunderung. „Aber warum hältst Du Dich denn an solche bescheuerten Regeln, wie kommen die dazu, sowas zu verbieten? Wir sind doch freie Menschen!“ Solcherlei Äußerungen sind zu hören. Was hier und auch von vielen „modernen“ Indern vergessen wird ist, dass das Varna System symmetrisch ist: Ja, ohne Einweihung in die Veden darf man keine Verse aus den Veden rezitieren – sie lesen und alles andere wie z.B. die Bhagavad Gītā rezitieren übrigens schon. Aber die, die es dürfen, sind gleichzeitig zu den Nitya und Naimittika Karmas verpflichtet, die der Übersetzer gar nicht ausführen darf.
Besondere Rechte gehen bei korrekter Befolgung des Varna Systems also stets mit zusätzlichen Pflichten und der Gefahr eines tiefen Falls einher. Dies wird gerne vergessen. Aus diesem Grund sind viele orthodoxe Zweimal-Geborene gar nicht besonderns glücklich mit dieser ehrenhaften Rolle, da Menschen wie der Übersetzer durch die Gnade Rāmānujas genau so Befreiung erlagen werden wie sie – aber mit weniger Pflichten! Unsere Āchāryas haben daher mehrfach betont, dass eine „niederige“ Geburt (als Ausländer, Kastenloser, Śudra oder als Frau jeglicher Kaste – auch sie erhalten keine Einweihung in die Rezitation der Veden) ein Vorteil und kein Nachteil ist!
Vers 26
nirasta nikilājño dṛuṣṭvāthmānam parānugam |
prathilabhya parāṃ bhaktiṃ thayaivāpnoti tatpadam ||
Die Unwissenheit zerstört, dem höchsten Wesen zu Dienst, das Selbst erkannt, so erreicht man die höchste, reinste Stufe der Hingabe. Durch diese reine Hingabe erreicht man seine Lotusfüße.
Vers 27
bhakti yogas thadartī chet samagraiśvarya sādhakaḥ |
āthmārthī chettrayo’pyete tatkaivalyasya sādhakāḥ ||
Falls man nach Wohlstand strebt, durch Bhakti Yoga wird man in erreichen. Alle drei Yogas führen zu Kaivalya, für die, die Wonne des Āthmā genießen wollen.
Vers 28
aikānthyam bhagavatyeṣāṃ samānamadhikāraṇām |
yāvatprāpti parārtī chettadevātyantamaśnute ||
Die Hingabe an Bhagavān (anstatt irgendwelcher Devas) ist allen qualifizierten Personen (die eines der drei Yogas praktizieren) gemein. Falls, bevor die Frucht (Wohlstand, Erfahrung des Āthmā – Kaivalya) erreicht ist, die Sehnsucht nach den Lotusfüßen des Herrn erwacht, können diese (anstatt der unsprünglich angedachten Frucht) erreicht werden.
Falls also jemand kein Interesse am Dienst an Bhagavān verspürt, ist es kein Schaden, wenn er z.B. mit Karma Yoga und Kaivalya als Ziel beginnt. Falls er Fortschritte macht (also qualifiziert wird), wird die Hingabe an Bhagavān von alleine erwachten und er kann jederzeit das Ziel seines Weges ändern.
Verse 29 – 31: Lob des Jñāna Yogis
Vers 29
jñāni tu paramaikāntī tadāyattāthma jīvanaḥ |
tat saṃślṣa viyogaika-sukhaduḥ khastadegadhīḥ ||
Ein Jñāna Yogi, der dem höchsten Wesen ergeben ist, dessen Leben durchdrungen ist von der Verehrung des höchsten Wesens, der glücklich ist, wenn er mit ihm zusammen ist und verzweifelt, wenn sie getrennt sind, sein Wissen ruht in Bhagavān.
Vers 30
bhagavaddyāna yogokti vandana stutikīrtanaiḥ |
labdhāthmā thadgataprāṇa manobuddīndriya kriyaḥ ||
Über Bhagavān meditierend, ihn betrachtend, über ihn redend, ihn verehrend, ihn preisend, über ihn singend, wer so lebt, dessen Leben, Gemüt, Geist und Sinne sind nur mit Bhagavān befasst.
Vers 31
nija karmādi bhaktyantaṃ kuryāt prītyaiva kāritaḥ |
upāyatām parityajya nyasyet deve tu tāmabhīḥ ||
Er der fähig ist zu allen Wegen, beginnend mit Karma Yoga bis hinauf zu Bhakti Yoga; Gibt er die Haltung auf, dass diese Wege (zum Erreichen von Bhagavān) sind und ruht in ohne Furcht in Bhagavān, so ist dies der Weg, über den meditiert werden sollte.
Dies ist ein leicht verklausulierter Hinweis auf Prapatti (siehe unsere Philosophie). Zur Zeit von Yāmuna war die Lehre von Prapatti noch vertraulich und wurde noch von Lehrer zu Schüler weitergegeben. Die öffentlichere Lehre von Prapatti begann mit Rāmānuja.
Vers 32 – Konklusion
ekāntātyanta dāsyaikaratis tatpadamāpnuyāt |
tatpradānamidaṃ śāstram iti gītārthasaṅgrahaḥ ||
Der, der nur den kontinuierlichen Dienst (an Bhagavān) erstrebt, wird jene (Bhagavāns) Lotusfüße erreichen. Diese Schrift (die Bhagavad Gītā) hat als wichtigstes Ziel, das Jīvāthmā auf diese Ebene zu bringen.
Hiermit endet das Gītārtha Saṅgrahaḥ.
Adiyen Mādhava Rāmānuja Dāsan
Übersetzung Englisch – Deutsch, Edition für westliches Publikum
Adiyen Sarathy Rāmānuja Dāsan
Übersetzung vom tamilischen Originaltext ins Englische
