Śrīḥ
Śrīmathē śatakōpāya namaḥ
Śrīmathē rāmānujāya namaḥ
Śrīmath varavaramunayē namaḥ
Śrī vānāchala mahāmunayē namaḥ
Unsere spirituelle Tradition existiert seit grauer Vorzeit. Die „aktuelle“ Geschichte beginnt mit den Āḻvārs. Āḻvār ist ein Begriff aus der tamilischen Sprache, den man in etwa mit „jemand der zutiefst in Gottesliebe versunken ist“ übersetzen kann. Die Āḻvārs erschienen der Tradition zufolge vor etwa 5000 Jahren. Indologen vermuten, dass sie in die Zeit zwischen 700 – 900 unserer Zeitrechnung gelebt haben. Die Argumente hierfür sind aus unserer Sicht relativ dünn [1] – letztendlich ist die zeitliche Einordnung aber nicht entscheidend.
Die Āḻvārs komponierten transzendentale Verse, die vor lebendiger Erfahrung Gottes überquellen. Sie enthalten dasselbe Wissen wie die indischen Weisheitstexte der Veden, aber in einer kompakteren und zugänglicheren Form. Leider ging diese wertvolle Literatur im Laufe der Zeit verloren, in den ersten Jahrhunderten unserer Zeitrechnung war kaum noch etwas übrig. Nāthamuni, der erste unserer frühen Āchāryas (Lehrer), hörte ein Fragment der Verse der Āḻvārs – so ziemlich alles, was zu seiner Zeit übrig war – und war sofort verzaubert. Im Folgenden nahm er unendliche Mühen auf sich, den Rest dieser Verse wiederzugewinnen und war letzlich auch erfolgreich.
Nāthamuni und die Āchāryas, die nach ihm kamen, lehrten sowohl die Literatur der Āḻvārs als auch Auszüge aus dem riesigen Kanon vedischer Literatur. Die Folge unserer frühen Āchāryas wird durch das Erscheinen von Rāmānuja im 11. Jahrhundert unserer Zeit gekrönt. Rāmānuja ist eine zentrale Person in unserer Tradition, in diesem Artikel gibt es weitere Information zu ihm.
Rāmānuja und seine Nachfolger verbreiteten unsere Tradition über den gesamten indischen Subkontinent. Leider erreichten einige Jahrhunderte nach Rāmānuja, im frühen 14. Jahrhundert, muslimische Eroberer selbst die Hochburgen unserer Tradition in Südindien. Sie besetzten und plünderten Śrīraṅgam, den Haupttempel unserer Tradition. Viele Śrī Vaiṣṇavas verloren ihr Leben und ein riesiger Schatz an Schriften und Kommentaren wurde teilweise zerstört und teilweise, im Versuch diese Schätze zu retten, in alle Winde verstreut.
Im 15. Jahrhundert wurden die muslimischen Eroberer aus Śrīraṅgam vertrieben und unsere Tradition konnte sich von den Zerstörungen erholen. Dem Āchārya Manavāḷa Māmunigaḷ kam dabei eine zentrale Rolle zu. Er suchte und kopierte persönlich Texte unserer Tradition, wo auch immer er sie fand. Das Verhalten und die Praktiken Manavāḷa Māmunigaḷ sind sehr gut dokumentiert und dienen bis heute als Muster für das Verhalten eines idealen Śrī Vaiṣṇavas. Manavāḷa Māmunigaḷ hatte acht Schüler, die die Rückkehr unserer Tradition zu altem Ruhm vollendeten.

Somit ist unsere Tradition vor allem den Āḻvārs, Rāmānuja und Manavāḷa Māmunigaḷ verpflichtet. Unser Website-Banner zeigt daher ganz rechts Manavāḷa Māmunigaḷ, links davon Rāmānuja und links davon Nammāḻvār, den wichtigsten der Āḻvārs
Heute gibt es in jeder größeren Stadt in Indien mindestens einen Śrī Vaiṣṇava Tempel, insgesamt gibt es weit mehr als hundert Tempel. Es gibt überall in Indien Āchāryas, die in die Tradition einweihen. Zwei Tempel, der Śrīraṅgam Tempel und der Thirumala Veṅkaṭēśvara Tempel, sind wichtige Pilgerorte, die in manchen Monaten mehr als eine Million Besucher haben.
Es gibt auch Śrī Vaiṣṇava Tempel und religiöse Aktivitäten in den USA und Australien. Schauen wir nach Europa, finden wir in England einige sehr aktive Śrī Vaiṣṇavas. Dort wurde im Sommer 2017 das erste Śrī Yāgam Europas durchgeführt. Ein Śrī Yāgam ist ein sehr aufwendiges vedisches Ritual, das der göttlichen Mutter Mahalakṣmī gewidmet ist. Sie ist die Namensgeberin unserer Tradition, denn Śrī ist ein Kurzname von Mahalakṣmī. Die Aktivitäten in Deutschland befinden sich noch in den Anfängen. Eine Gruppe von Śrī Vaiṣṇavas besteht im Raum München und richtet dort seit einigen Jahren Feste zu besonderen Tagen im Śrī Vaiṣṇava Kalender aus. Einige weitere Śrī Vaiṣṇavas leben über ganz Deutschland verstreut. Bislang stammen fast alle Śrī Vaiṣṇavas in Europa, den USA und Australien aus der indischen Diaspora. Wir hoffen, dass sich das eines Tages ändern wird.
Fußnoten
[1] In frühen akademischen Analysen der Werke der Āḻvārs wurde z.B. argumentiert, dass einer der ersten Āḻvārs irgendwann im Zeitraum 700-900 gelebt haben muss, da die Stadt, aus der er nach eigenen Angaben stammt, (Mahabalipuram) in dieser Zeit gegründet worden sein soll. Nach dem Tsunami im Jahr 2004 wurden am Strand von Mahabalipuram aber Tempelruinen unter dem Meeresspiegel sichtbar, die darauf hinweisen, dass Mahabalipuram schon deutlich länger existiert. Wenn wir postulieren, dass Mahabalipuram schon existiert haben muss, als der Meeresspiegel ca 5m tiefer war, deuten Rekonstruktionen der Meeresspieglhöhe darauf hin, dass Mahabalipuram dann in der Tat schon vor ca 5000 Jahren existiert haben muss:
