Śrīḥ
Śrīmathē śatakōpāya namaḥ
Śrīmathē rāmānujāya namaḥ
Śrīmath varavaramunayē namaḥ
Śrī vānāchala mahāmunayē namaḥ
Der Fokus vieler spiritueller Lehrer und Gruppen, die hier im Westen aktiv sind, ist zumeist Meditation. In den buddhistischen Traditionen, die hier vergleichsweise verbreitet sind, liegt Meditationspraxis sogar im Kern. Die Hare Krishna Bewegung verlangt von ihren Mitgliedern als Meditation das Hare Krishna Mantra jeden Tag 16 x 108 Mal zu rezitieren.
Im Gegensatz dazu legt unsere Tradition den Fokus auf die Verehrung der Bildgestalten Gottes, sowohl daheim als auch im Tempel, sowie auf den Dienst im Tempel in Gemeinschaft mit anderen Śrī Vaiṣṇavas.
Verehrung von Bildgestalten
Die Verehrung von Bildgestalten (wir benutzen auch den eleganteren englischen Begriff Deity) ist vermutlich die am häufigsten missverstandene Praxis des Sanātana Dharma (Hinduismus). Menschen aus judäo-christlich-islamischen Religionen lehnen sie als Götzendienst ab. Atheistische Intellektuelle interpretieren unsere Deities als Bilder unterbewusster Prozesses und Strukturen.
Beide Sichtweisen sind gleichermaßen falsch. Die Vorstellung, die hinter dem Begriff Götzendienst steht, ist dass irgend ein materielles Objekt als Gott deklariert und dann verehrt wird. Wenn das der Fall wäre, würden wir es auch ablehnen! Tatsächlich ist die beste Analogie zum Verständnis einer Bildgestalt im Sanātana Dharma die eines Portals oder einer Antenne.
Es ist unmittelbar logisch dass Gott, die letzte Ursache von allem was jemals existiert hat und existieren wird, mindestens so komplex sein muss wie seine Wirkung. Folglich kann nichts, keine Worte, keine Bilder und keine Formen Gott wirklich beschreiben. Aus diesem Grund, so argumentieren unsere Āchāryas, macht Gott sich selbst auf bestimmte Weisen für uns für begreifbar und die Bildgestalt ist eine davon. Jede Weise erscheint beschränkt und lenkt den Blick auf bestimmte Aspekte Gottes. Allerdings wissen wir aus der Mathematik, dass jede Teilmenge einer „echten“ (überabzählbaren) Unendlichkeit wie den Reellen Zahlen selbst unendlich ist. Analog ist Gott in einer ganzen Fülle durch jeden seiner Aspekte zugänglich.
Die Bildgestalten, die wir verehren, sind auch keine willkürliche Kreationen des menschlichen Geistes, die uns nur unser Unterbewusstsein spiegeln. Ihre Geometrie, ihr Schmuck, die Positionen von Armen, Beinen, das Material aus dem sie gefertigt werden und vieles andere ist in den offenbarten Schriften exakt definiert und beziehen sich in komplexer Weise in der Geometrie der Tempels in dem sie installiert sind und Position und Kontext der heiligen Stätte in der Landschaft. Wenn ein Bildgestalt mit den richtigen Mantras und Ritualen installiert wird und auf korrekte Weise verehrt wird, wird sie zu einer Art Portal oder Antenne, in dem sich der allgegenwärtige Gott sich auf besondere Weise für seine Verehrer verfügbar macht.
- Chinna Jeeyar Swami, ein prominenter Āchārya, bei der Verehrung. Quelle: Ashtalakshmi Tempel Houston
Eine einfache Art von Deity (Bildgestalt), die von vielen Śrī Vaiṣṇavas zuhause verehrt wird, sind Saligrams (Salagrams, es gibt viele verschieden Schreibweisen). Oberflächlich betrachtet sind dies Fossilien / Steine mit Fossilien, die in einer spezifischen Gegend von Nepal gefunden werden. Esoterisch sind die selbstmanifestierte, anikonische Repräsentationen Gottes, da sie von Natur aus die Symbole Gottes (Chakra, Muschelhorn etc) besitzen. Aus diesem Grund brauchen Saligrams keine Installation mit Mantras und Ritualen, sie werden direkt verehrt. Gemäß ihrer physischen Merkmale werden sie mit bestimmten Aspekten Gottes verknüpft.
Unsere Tradition betont mit größten Nachdruck, dass der Prozess der Deity Verehrung kein formelles Ritual ist. Vielmehr ist sie eine aktive Meditation, in der man mit absolutem Fokus und Hingabe Verse rezitiert und Handlungen ausführt – in dem Wissen, dass man in direktem Kontakt mit Gott ist.
Transzendentale Literatur
Eine weitere wichtige Praxis ist das Lernen und die Rezitation der transzendentalen Literatur der Āḻvārs und der Hymnen unsere Āchāryas (vgl. unsere Tradition). Solche Literatur sollte in der Sprache rezitiert werden, in der sie komponiert wurde (i.d.R. Sanskrit oder Tamil) aber in genauem Verständnis der tiefen esoterischen Bedeutungen dieser Texte. Dieses Wissen wird in vertraulichen, nur für eingeweihte Śrī Vaiṣṇavas empfohlenen Lektionen durch Āchāryas vermittelt, deren Besuch / Lektüre ein weiter wichtiger Teil unserer Praktiken ist. Eng damit verbunden sind Dienste, die wir für unsere Āchāryas leisten und ihre große Verehrung. Es ist wichtig zu verstehen, dass der Standard, dem sich unsere Āchāryas in jedem Aspekt ihrer Lebensführung unterwerfen, extrem hoch ist. So wie einige selbsternannte „Gurus“ ein Luxusleben zu führen, dass von Schülern finanziert wird, ist für einen Śrī Vaiṣṇava Āchārya absolut undenkbar. Āchāryas werden von uns mehr verehrt als die eigenen Eltern, da die Gnade und das Wissen, dass uns durch unsere Āchāryas erreicht, von unschätzbaren Wert für uns ist.
Geheiligtes Essen
Eine Aktivität, die eng mit der Verehrung von Deities verbunden ist, ist die Zubereitung von reinem, laktovegetarischen Essen, das den Deities bei der Verehrung geopfert wird. Nach der Opferung ist das Essen zu, wie man es im Sanskrit nennt, Prasadam, geworden, was Gnade bedeutet. Śrī Vaiṣṇavas versuchen möglichst nur Prasadam zu essen. Traditionell unterhalten Śrī Vaiṣṇavas auch Blumengärten, in denen Blumen zur Anfertigung von Girlanden und anderen Anwendungen bei der Deity Verehrung gezüchtet werden.
Gemeinschaft mit anderen Śrī Vaiṣṇavas
Wie andere Vaiṣṇava Traditionen legt unsere Tradition großen Wert auf „Sādhu Sanga“, die Gemeinschaft mit losgelösten, heiligen Personen bzw anderen Śrī Vaiṣṇavas. In der Praxis werden zwei Aktivitäten im „Sangam“, also in Gemeinschaft ausgeführt:
- Das Lernen und die Rezitation der transzendentalen Literatur der Āḻvārs. Solche Rezitationen finden in Śrī Vaiṣṇava Tempeln täglich statt. Auch die Hymnen der Āchāryas werden gemeinschaftlich rezitiert.
- Die Ausführung physischer Dienste im Tempel, bei Prozessionen usw.
Wir sehen somit, dass der Weg der Śrī Vaiṣṇavas ein sehr aktiver ist. Er umfasst potenziell Aktivitäten vom Züchten von Blumen bis zum Lernen vertraulichen esoterischen Wissen. All diese Aktivitäten sind sich gegenseitig ergänzende Teile in der Praxis eines Śrī Vaiṣṇavas. Somit ist Śrī Vaiṣṇavam ein ganzheitlicher Pfad, der auf eine graduelle Erhebung und Gotteszentrierung aller Aspekte im Leben derer, die diesen Pfad ernsthaft verfolgen, abzielt.