Śrīḥ
Śrīmathē śatakōpāya namaḥ
Śrīmathē rāmānujāya namaḥ
Śrīmath varavaramunayē namaḥ
Śrī vānāchala mahāmunayē namaḥ
Unsere Tradition hat eine große Vergangenheit, ist aber auch sehr vielfälig und dezentral organisiert. Diese Mischung führt leider immer wieder dazu, dass Menschen fälschlicherweise behaupten, unsere Tradition zu repräsentieren oder sogar einer unserer Āchāryas (Lehrer, die durch ihr Beispiel lehren) zu sein. Da wir nun einmal vielfältig und dezentral sind, gibt es (leider?) keinen „Rat der Āchāryas“ oder irgend ein anderes zentrales Gremium oder auch nur eine offizielle Liste von Āchāryas, mit der man solche Behauptungen abgleichen könnte.
Es ist aber nicht schwer, falsche Śrī Vaiṣṇava Āchāryas zu erkennen, wenn man weiß worauf man achten muss. Hilfsmittel wie Listen sind daher in aller Regel gar nicht nötig! Die Linie unserer Āchāryas hat nämlich einen absolut klaren Standard gesetzt, wie sich ein Śrī Vaiṣṇava Āchārya verhält – und diesen Standard können die „Möchtegerns“ i.d.R. nicht einmal ansatzweise einhalten. Das Verhalten eines Āchāryas ist allerdings sehr vielfältig und komplex. Dieser Artikel befasst sich daher nur mit den einfachen und relativ offensichtlichen Punkten. Allein diese sollten aber schon ausreichen, um 90%+ aller „Fälschungen“ zu erkennen.
Als Beispiel betrachten wir die Behauptung, dass Swami Vishwananda ein Śrī Vaiṣṇava Āchārya ist, wie es (Stand November 2018) auf dieser Website behauptet wird:
https://www.paramahamsavishwananda.com/the-master/sri-vaishnava-acharya
Um Klagen wegen der Verletzung von Urheberrechten zu vermeiden (was gerade nach deutschem Recht sehr einfach ist – und die obige Website wird von einer deutschen GmbH nach deutschem Recht betrieben) werden wir weder Zitate noch Bildschirmfotos der Seite verwenden – wir bitten das zu entschuldigen.
Wir geben im Folgenden eine Reihe von Gründen an, warum Vishwananda mit Sicherheit kein Śrī Vaiṣṇava Āchārya ist. Dabei ist zu beachten, dass jeder einzelne Punkt ausreicht, um an der Behauptung, dass jemand Śrī Vaiṣṇava Āchārya ist, erhebliche Zweifel zu wecken.
Namen und Titel
- Sein Name hat keinerlei Referenz zu einer Linie innerhalb der Tradition. Śrī Vaiṣṇavas erhalten einen spirituellen Namen. Dieser Name steht üblicherweise in Beziehung zum Geburtsnamen und wird mit „Rāmānuja Dāsan“ ergänzt, was „Diener Rāmānujas“ bedeutet. Wenn ein Śrī Vaiṣṇava als nachfolgender Āchārya berufen wird, nimmt er einen anderen Namen an, der normalerweise in Beziehung der Linie von Āchāryas steht, die er ab da repräsentiert. Beispiel: Wenn ein Āchārya aus der Linie von Embar kommt, dem Cousin von Rāmānuja, der ihm als Anführer der Tradition nachfolgte, wird er „Embar Jeeyar Swami“ genannt.
- Die Endung seines Namens (-ananda) ist für Śrī Vaiṣṇavas ausgesprochen unüblich. Es ist aber so, dass Namen dieser Art in der Linie von Śankarāchārya, also der Advaita Tradition, sehr verbreitet sind. Die Advaita Tradition ist seit über 1000 Jahren unser wichtigster Gegener in philosophischen Debatten.
- Der Titel Paramahamsa (wörtlich: „transzendenter Schwan“) wird von Vaiṣṇavas nicht für sich selbst verwendet. Paramahamsa ist ein üblicher Titel für Sanyasis (entsagte Mönche). Andere Menschen sprechen diese auch durchaus so an, die Bescheidenheit eines Vaiṣṇavas verbietet es ihm aber, sich selbst so zu bezeichnen. Die Verwendung von Paramahamsa in der url einer Website, die Vishwananda der Öffentlichkeit präsentiert, ist also für einen Vaiṣṇava unpassend.
Einweihung
Es gibt keinen Hinweis darauf, wer (welcher Āchārya) die Einweihung in unsere Tradition vorgenommen hat. Der Āchārya ist für uns Śrī Vaiṣṇavas sehr wichtig. Sein Thaniyan (rühmender Vers) wird von uns jeden Tag rezitiert, sein Bild hängt an prominenter Stelle in unserer Wohnung – denn wir sind ihm dankbar, dass er uns mit der Kette der Gnade, die von Rāmānuja ausgeht, verbindet. Wenn wir eingeweiht sind, geben wir folglich stets voller Freude an, welcher Āchārya uns eingeweiht hat.
Referenz zu Lehren weit außerhalb unserer Tradition
Da wir uns unserer Tradition verpflichtet fühlen und da es einen reichen Schatz and Begebenheiten aus dem Leben unserer Āḻvārs and Āchāryas gibt, referenzieren Śrī Vaiṣṇavas im Allgemeinen und Śrī Vaiṣṇava Āchāryas im Besonderen nur die vedische Literatur und das reichte Erbe unserer Tradition. Vishwananda zitiert Mahavatar Babaji als seinen Guru. Mahavatar Babaji ist ein mythenumrankter Yogi, der von dutzenden (häuft selbst-proklamierten) Gurus als Referenz angegeben wird und i.d.R. als Avatar von Śiva gesehen wird.
Wir respektieren Śiva als großen Verehrer von Śriman Nārāyana, aber unsere Tradition hält sich strikt davon fern, Śiva zu verehren oder Gemeinschaft mit den Verehrern von Śiva zu pflegen.
Äußere Erscheinung
Śrī Vaiṣṇavas folgen den Schriften so genau wie möglich. Und während normale Anhänger der Tradition, gerade wenn sie außerhalb Indiens leben, im Alltag so einige Kompromisse eingehen, sind unsere Āchāryas in jeder Hinsicht ausgesprochen strikt, denn sie lehren auch durch ihr Beispiel. Im Bezug auf ihre äußere Erscheinung bedeutet das:
- Sie tragen Śikhā, das bedeutet ihr Haar ist abraisiert bis auf einen kleinen Haarbüschel am Hinterkopf
- Wenn sie den Titel Swami tragen, also ein entsagter Mönch sind, tragen sie keinerlei Gold, Schmuck, Perlen usw.
- Sie tragen keine genähte Kleinung. Anstatt dessen tragen sie einen Dhoti und (in kalten Gegenden) ein zweites Stück Stoff, um den Oberkörper abzudecken.
- Sie tragen Urdhva Pundra, auch als Thilak bekannt – das ist das rot/weiße Zeichen unserer Tradition auf der Stirn. Sie tragen es genau so, wie ihr Āchārya es ihnen gezeigt hat, d.h. es gibt keine Variation in diesem Zeichen.
Keiner dieser Punkte trifft auf Vishwananda zu.
Geld für Unterweisungen
Auf der unten stehenden Website wird ein siebenteiliger Kurs über das Śrimad Bhagavatam (auch als Bhagavata Purana bekannt) für 225$ oder 35$ pro Vorlesung angeboten:
Während es üblich und korrekt ist, dass ein Schüler seinem Āchārya Dakshina gibt, ist dies doch immer eine freiwillige Gabe und keine Voraussetzung dafür, Unterweisungen zu hören. Unsere Āchāryas haben die höchsten Weisheiten immer kostenlos verkündet! Es kommt natürlich vor, dass ein Āchārya besonders vertrauliche Unterweisungen nur seinen engsten Schülern gibt, aber bei solchen Restriktionen geht es nie um Geld!
Fehlende Verweise auf vorangegangene Āchāryas
All unsere Āchāryas verweisen immer wieder auf Begebenheiten aus dem Leben der Āḻvārs and Āchāryas. Wir haben uns einmal einige Ausschnitte aus Diskursen von Vishwananda angesehen und so etwas nicht gefunden. Zum Beispiel sollte es in einem Diskurs zu göttlichen Bildgestalten (Deities) und Statuen (englisch, hier zu finden https://www.youtube.com/watch?v=iy9FqK6Fc9M) Verweise auf Begebenheiten aus dem Leben der Āḻvārs geben, denn dort sind vielfältige Dinge im Bezug auf Bildgestalten passiert, die hervorragend in so einen Diskurs passen würden. Wir haben aber nichts dergleichen im Diskurs gehört.
Update – Oktober 2019
Ein Anhänger von Vishwananda hat die englische Version dieses Artikels kommentiert und angeführt, dass die Website
https://bhaktimarga.be/meaning-of-his-name-titles/
die Linie der Lehrer, in der Vishwananda steht, erklärt. Allerdings bestätigt die Website (Stand Anfang Oktober 2019) gar nicht, dass er ein Śrī Vaiṣṇava Āchārya ist. Vielmehr bestätigt sie einen wichtigen Punkt, warum wir überzeugt sind, dass er kein Śrī Vaiṣṇava Āchārya ist:
Auf der verlinkten Seite wird Mahavatar Babaji als „Satguru“ bezeichnet, was „wahrer Guru“ bedeutet. Kein Śrī Vaiṣṇava Āchārya würde einen Guru, der derartig weit außerhalb der Tradition steht, als einen wahren Guru bezeichnen.
Laut der angeführten Website hat ein gewisser Sri Vedavyasa Rangaraj Bhattar Vishwananda in unserer Sampradāya (sprituelle Tradition) eingeweiht. Analysieren wir zunächst einmal den Namen:
- Vedavyasa ist ein Ehrentitel, der sich auf Vyasa, den Heiligen, der die Veden in ihrer heutigen Form zusammengestellt hat, bezieht.
- Rangaraj scheint ein Name zu sein.
- Bhattar ist ein traditioneller Namenszusatz eines Tempelpriesters, vor allem in Südindien. Diese Person ist also entweder ein Tempelpriester oder stammt aus einer Familie von Tempelpriestern.
Der letzte Punkt macht uns etwas skeptisch. Unsere Sampradāya hatte zwar berühmte Āchāryas mit dem Namenzusatz Bhattar (so wie Parāsara Bhattar, der 3. Āchārya nach Rāmānuja), seit dem Mittelalter ist es aber unüblich geworden, dass Tempelpriester gleichzeitig auch Āchārya sind. Das liegt schlicht daran, dass Tempelpriester ein Vollzeitjob ist, es bleibt sehr wenig Zeit zum Lehren, was ein Āchārya ja üblicherweise tut.
Mittels den Suchfunktionalitäten von Google, die das Auffinden älterer Websites ermöglichen, haben wir versucht, Spuren dieser Person im Internet zu finden. Auf Websites von vor 2017 (danach taucht der Name auf Websites auf, die mit Vishwananda verknüpft sind), finden wir keine eindeutigen Belege, dass diese Person existiert (hat). Das bedeutet nicht notwendigerweise sehr viel, ist aber auf jeden Fall seltsam.
Den deutlichsten Hinweis haben wir auf der Website eines ISKCON Priesters gefunden: https://www.salagram.net/jtcdbio.htm
Dort wird ein Rangaraj Bhattar als Lehrer angeführt. Wir halten es aber für unwahrscheinlich, dass diese Person ein Śrī Vaiṣṇava Āchārya ist. Die Śrī Vaiṣṇava und die Gaudiya Sampradāya sind zwar spirituelle Verwandte, mischen sich aber praktisch nie.
Des weiteren haben wir einen Beleg dafür gefunden, dass es einen Śrī Vaiṣṇava Tempelpriester namens Rangarajan Bhattar gibt, der im Eri-Katha Ramar Temple dient. Dieser Tempel ist ein sehr besonderer Ort, da hier Rāmānuja in unserer Tradition eingeweiht worden ist. Es gibt aber keine Hinweise, dass diese Person ein Āchārya ist.
Zusammenfassend: die Website sagt nicht, dass Vishwananda ein Śrī Vaiṣṇava Āchārya ist. Es gibt keine klaren Belege dafür dass der Āchārya, der Vishwananda angeblich in unsere Tradition eingeweiht hat, tatsächlich existiert.
Adiyēn Mādhava Rāmānuja Dāsan